Im Stafetten-Blog berichten abwechselnd alle 3 Wochen Schweizerinnen und Schweizer aus dem Ausland - subjektiv, unterhaltend und authentisch.

  Hanspeter Zgraggen
  Seit 2003 mit Ehefrau Graciela in Nicaragua.

(357) Das pralle Leben an der Panamericana

Eigentlich wollte ich hier einen beschaulichen Frührentner-Lebensabend aufbauen und verbringen. Doch heute war wieder mal ein recht hektischer Tag auf meiner 150 Hektaren grossen Farm hier in Nicaragua.

Wie meist beginnt mein Tag irgendwann zwischen vier und halb sechs in der Früh. Zuerst überfliege ich die in der Nacht hereingekommenen E-Mails und beantworte sie möglichst sofort. Gegen sechs heisst es dann mit der vierjährigen Schäferhündin Arabella einen Rundgang durch die nähere Nachbarschaft in unserem Dorf zu machen.

Unser Dorf an der Panamericana

Das Dorf heisst Somoto und liegt direkt an der Panamericana, welche Süd- und Nordamerika verbindet und alle Staaten Zentralamerikas durchquert (siehe auch den Beitrag von Edy und Brigitte Odermatt über die Transamazônica, einen Teilabschnitt davon). Sie ist die längste Strasse der Welt.

Nach dem Spaziergang - den hat mir der Herzspezialist “verschrieben” - esse ich jeweils im Dorf zusammen mit meiner Frau Graciela auf der Veranda das Frühstück, wo wir den  herrlichen Blick auf den Innenhausgarten geniessen und dem Treiben um meine Wildbienen-Kästen zuschauen.

Gegen sieben fahre ich dann auf meine etwa 4 km vor dem Ort liegende Farm. Ich habe ihr den Namen „HELVETIA” gegeben: Ein schönes Holzschild mit einem proportionsgenauen Schweizer Wappen ziert die Einfahrt.

finca-helvetia-tafel-2.jpg

Hier wird schweizerdeutsch gesprochen
(Bild: Hanspeter Zgraggen)

Im Frühtau in die Heilkräuter

Die beiden fest angestellten Farmarbeiter haben schon seit etwa fünf Uhr mit der Bewässerung meines Heilkräutergartens begonnen und sind so gegen halb acht jeweils mit dieser wichtigen Arbeit fertig. Zusammen mit den Taglöhnern - welche wir jeweils am Vortag aufbieten - wird das Tagwerk besprochen und werden die Leute eingeteilt. Der Jüngste - Markus - ist verantwortlich für das Füttern der Tiere: 14 Kühe, bis gestern 2 Pferde, 2 Esel, 2 Pelibuey - also eine Kreuzung zwischen Schaf und Ziege, rund ein Dutzend Enten, 2 Kampfhähne - welche aber nie in die Arene steigen müssen sondern “nur so” ihre herrlichen Federpracht zeigen dürfen, 2 Kaninchen, einige nicaraguanische Schmuckschildkröten und 2 Papageien warten jeweils auf eine Sonderration - da durch die Trockenheit in dieser Jahreszeit kaum genug natürliches Futter zu finden ist.

Heute aber war ein trauriger Tag: Das erste Tier, das ich mir vor fünf Jahren angeschafft hatte, als ich die Farm als Frührenter bezog - ein fuchsroter, schon beim Kauf recht alter Hengst - lag tot auf der Koppel. Ein trauriger Anblick!

Eine Himmelsbestattung für den ersten Hengst

Ich beriet mich mit den Angestellten und wollte das Tier begraben oder wenigstens mit Benzin übergiessen, um es zu verbrennen. Man machte mir aber klar, dass es “Unrecht” sei, der “Gesundheitspolizei” den fetten Happen vorzuenthalten. Mit Gesundheitspolizei sind die hier überall anzutreffenden riesigen Aasgeier gemeint, welche hier in meist recht grossen Gruppen vorwiegend entlang der Panamericana auf ein verunglücktes Tier warten - meist Wildtiere aber auch Hunde und Katzen oder ab und zu ein Grosstier.
Wir zogen also das Pferd weiter weg vom Farmhaus in eine Mulde, um den schnell eintretenden Verwesungsgestank nicht so unmittelbar beim Haus zu haben und gingen zum Tagwerk über. Heute war ein Holztag angesagt. Neben den fest angestellten Arbeitern habe ich einen Spezialisten angestellt, der die eben neu erworbene Motorsäge bedient.

Sturmholz

Einer der riesigen Bäume - ein Guanacaste - hat im letzten Sturm arg gelitten. Zwei der rund 40 Zentimeter dicken Äste waren gebrochen und hängt gefährlich halb auf einen der Hauptwege hinunter. Die Arbeiter sichern sich mit Seilen und schlagen nun mit den hier als Allzweckwerkzeug geltenden Macheten die geknickten Äste Stück für Stück hinunter, wo sie mit der Kettensäge zu Balken zugeschnitten werden. Eine anstrengende und gefährliche Arbeit, die aber im Team und in der freien Natur doch Spass macht.

Nachdem die Taglöhner ausbezahlt sind, gebe ich allen einen weissen Rum aus, der schnell die schwere Arbeit vergessen lässt. Die herrlichen zweifarbigen Holzstücke und die fröhliche Arbeiterschar sind ein guter Lohn für den anstrengenden Tag.

Weiterführende Links
Nicaragua 
Somoto

Panamericana
Transamazônica
Himmelsbestattung  
Guanacaste

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  Eduard Meister
  2003 mit Ehefrau Milka nach Zentralserbien (SRB) ausgewandert.

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  Seit 1998 mit Ehefrau Anita an der Costa Dorada (ESP).

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