Catherine Beuret
  2005 mit vier Katzen ins Burgund (Charolais) ausgewandert.

(423) Grande vitesse

In meiner Region stehen keine öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung. Man tut also gut daran, die Verkehrsregeln zu beachten, um keinen der 12 Punkte auf dem Fahrausweis zu riskieren. Die Strafen sind drakonisch (siehe Bussenkatalog) und Radar ist allüberall (siehe Radarkarte und Bild unten).

radarkarte.bmp

Internetverzeichnis der fest installierten Radarkästen.

Zum nächsten TGV-Bahnhof fahre ich 30 Kilometer. Der Parkplatz ist gratis und in 1 Stunde 20 Minuten ist man in Paris. Zugfahrende Besucher aus der Schweiz hole ich jeweils in Mâcon (60 km) oder in Chalon sur Saône (50 km) ab. Die aktuelle Verkehrssituation checke ich vorher in Echtzeit auf dem Internet, bei Bedarf auch die Wetterprognose.

Einkaufen für Gourmets und die, die es noch werden wollen

Es gibt sie noch die kleinen Anbieter von Spezialitäten, generell geht man jedoch in die riesigen Einkaufszentren. Da ist billig Trumpf. Preiswert ist dieses Billige selten. Broquantes, Marché aux Puces und Vide greniers bilden den Zeitvertreib ganzer Familienverbände. Der Ausländer zieht häufig das gepflegte Angebot der Antiquitätenläden vor. Ein weiteres Sonntagsvergnügen ganzer Familien bildet das Flanieren durch die Gartencenter. Einige sind nur am Sonntag vormittag geöffnet, viele auch den ganzen Sonntag. Auf jeden Fall haben am Sonntag morgen die Bäckereien geöffnet. Ein Baguette oder ein Croissant muss frisch sein. Apropos Baguette: Mein Bäcker macht mir alle zwei Tage ein Roggenbrot und zwar ohne Hefe (levure), mit leicht gesäuertem Teig (levain). In den Patisserien gibt es so Verführerisches wie Religieuses, Frangipani, Conversations und zwar als Miniardise oder normal gross. Gutes, frisches Gemüse kriege ich allenfalls auf dem Markt oder, erheblich besser, aus der Überproduktion meiner Nachbarschaft. Von mir kriegt der werte Spender von Zeit zu Zeit Schweizer Schokolade, Luxemburgerli vom Sprüngli oder Thunerli von der Confiserie Steinmann in Thun. Kennt ihr nicht? Ihr habt was im Leben verpasst! Kommt mal einer der werten Leser ins Burgund, empfehle ich einen Besuch in der Huilerie Leblanc in Iguerande (Öl) oder bei Fallot in Beaune (Senf). Beides alte Familienunternehmen mit einem ausserordentlichen Angebot. Vom Wein erübrigt sich zu sprechen. Erwähnenswert: Hier trinkt man Kir und Kir Royale kennt keiner. Der verwendete Cassislikör wird im Verhältnis 50 zu 50 mit dem Weisswein Aligoté gemischt. Das Ergebnis: für mich viel zu süss. Im Charolais schwärmt man vom Geisskäse. Kühe geben Fleisch, Geissen geben Käse. Der Geisskäse wird in jeder Alterstufe angeboten. Im hohen Alter wird er steinalt und schwarz vor Schimmel. Das sei gesund, wie Penicillin.

Kultur geht durch den Magen

Der gebildete Franzose liebt die französische Literatur. Er findet sie unvergleichlich. Selbst Grossverteiler haben, neben der obligaten Fischabteilung, eine grosse Buchabteilung. Eben Nahrung für Körper und Geist. Sprechen wir also von der Gastronomie. Auch einfache Leute können sich ausführlich über die Qualität von Butter und Käse äussern. Man gibt seinen Kommentar zu den berühmten Köchen der Region. Lieber einmal im Jahr im Drei Sterne Restaurant essen, als eine Ferienreise unternehmen. Mein Arzt wollte mal meine Meinung zum Sternekoch Brochot wissen. Ich fand seine Küche sehr (zu sehr) “Nouvelle” und erwähnte, dass ich gehört hätte, Troisgros in Roanne sei noch extremer. Ja, erklärte er, Troisgros serviere seine Teller mit einer Cloche (Glocke), damit das Essen nicht davon fliege. Bitte, alles sehr ernstzunehmende Themen. Bei wichtigen Gelegenheiten ist ein gewisser Sinn zum Luxus zu erkennen. Anlässlich des nationalen Viehsalons in Paris schreitet der Besucher auf Teppich. Das habe ich nicht selbst gesehen, aber jeder erzählt davon. Die Porträts der Viecher werden auch Mal vom berühmten Fotografen Yann Arthus Bertrand gemacht (siehe Homepage Bertrand).

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 Familienporträt (Bild: Yann Arthus Bertrand)

Geschichte(n)

Franzosen sind stolz auf ihre Geschichte. Jeder erzählt, welches Schloss unbedingt besichtigt werden sollte. Die sehr teuer renovierten privaten Schlösser gehören angeblich reichen Schweizern. Kenne bis jetzt keine solchen Schweizer. Im Burgund gibt es eine Unmenge Schlösser, Burgen und Manoirs in jedem erdenklichen Zustand. Hier la Clayette:

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La Clayette (Bild: Catherine Beuret)

An die Liebhaber romanischer Kirchen: denen kann man gar nicht ausweichen - den Kirchen meine ich. Romanische Kirchen sind hier die Regel. Hier das unbekannte Kirchlein von Besançeuil (siehe Bild unten).

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Kirchlein von Besançeuil (Bild: Catherine Beuret)

Zum Abschluss dieses Berichtes ein Ausflug ins napoleonische Kataster des Departements. Hier findet Ihr mein Haus (das Schräge mit der Nr. 182) und mein Grundstück im Katasterplan von Marizy:

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Marizy im napoleonischen Katasterplan (Bild: archives71.fr)

Napoleon hätte sich gewundert, dass man seinen Kataster im Jahr 2009 weltweit im Internet abrufen kann.

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Fazit: Für Kulturliebhaber ein wahres Paradies.

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Weiterführende Links
Bussenkatalog für frankreichs Strassen

Radarkarte
aktuelle Verkehrssituation in Frankreich
Wetterprognose Frankreich
Huilerie Leblanc
Fallot
Fotografien Yann Arthus Bertrand
Napoleonischer Kataster

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