(376) Zaubern im Autozirkus
Noch ist der Canossagang, der mir die Immatrikulation meines Autos Wert war, nicht ganz abgeschlossen. Endlich kann ich die italienischen Nummern-Schilder beziehen. Heureka. Nach all den vorausgegangenen Abenteuern war das fast ebenbürtig mit einer Einbürgerung!
Umwege verbessern die Ortskenntnis
Zu diesem Zweck musste ich auf das Zollamt für Warenumschlag in Gallipoli. Ich freute mich auf die herrliche Fahrt entlang der Küste und einen Rundgang in der wunderschönen Altstadt. Auf dem Zollamt erklärte man mir etwas befremdet, dass (drei Mal raten!!) dafür das Zollamt von Otranto, auch eine sehenswerte Stadt am entgegengesetzten Ende der schönen Küstenstrasse, zuständig sei. In einer Bar musste ich mich erst von diesem Schreck erholen. Und dort geschah das Ungemach! Während einer kurzen Abwesenheit von meinem Platz kamen mir die Autoversicherungsdokumente abhanden.
Was für ein Desaster! Gebrochen suchte ich den Polizeiposten in Tricase auf, um mir den Verlust bestätigen zu lassen. Das ging aber nicht, weil man ja nicht wisse, ob das Dokument gestohlen, oder einfach verloren gegangen sei.
Ein Zauberspruch, der wirkt
Nein, nein, nein…! In meiner Verzweiflung rief ich den allerobersten Polizeichef des Salento an. Der hörte mich schweigend an, sagte, ich solle jetzt sofort zurück zum Polizeiposten und dort meine Forderung nochmals vorbringen, mich auf gar keinen Fall auf deine Diskussion einlassen, falls die Beamten meinem Anliegen wieder nicht Folge leisten sollten, nur dies sagen: „Ihr Chef lässt Ihnen ausrichten, falls es irgend welche Probleme mit dem Protokoll gebe, sollen Sie folgende Nr. anrufen!” Dann diktierte er mir seine direkte „rote Telefon-Nummer”, welche ich, einem Zauberspruch gleich, auf einem Stück Papier notierte. Und tatsächlich hat es ein Wunder bewirkt: Beim ersten Nein schwenkte ich triumphierend meinen Zauberspruch-Zettel. Noch nie habe ich einen Menschen so eilfertig zur Schreibmaschine rennen sehen. Was für ein enormes Hochgefühl, gewürzt mit etwas Schadenfreude. Mein kleiner Schweinehund hat gewedelt.
Drei Wochen später schickte mir das CH Strassenverkehrsamt die neuen Dokumente zu.
Mit Charme und Blaulicht Druck machen
In Otranto… wählte ich das „Modell Sitzstreik” aus meiner nunmehr beachtlichen Sammlung an Druckmitteln. Es war Mittagszeit. Die beiden Zuständigen, ein charmanter Zollbeamter und ein bemerkenswert hübscher Polizist, fuhren mich umgehend mit Blaulicht von Amt zu Amt und machten den (anderen) Typen Beine. Sie genossen ihre Beschützerrolle sichtlich. Bald sassen wir einträchtig/siegesbewusst bei einem Espresso! Schön war’s und so viel gelacht haben wir…
Als ich dann einige Wochen später endlich meine Schweizer-Schilder definitiv gegen die italienischen austauschten konnte, wurde die Nabelschnur zu meinem Ursprungsland wieder um einige cm kürzer. Es hat ein klein wenig weh getan.
Nebenbei gesagt: Rückblickend, möchte ich diesen ganzen Autozirkus nicht missen. Ich habe so viel Menschliches jeder Art und Gattung erlebt.
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