Edy und Brigitte Odermatt
  Seit 2006 im "Wohnmobil" in Südamerika unterwegs.

(311) Umgewöhnen angenehm - mehrheitlich

Juni 2008, Argentinien. Unser Rückflug aus Europa verlief diesmal planmässig und ohne Zwischenfälle. Ein Novum für uns war, dass das Gepäck nach der Ankunft in Buenos Aires nochmals vom Zoll durchleuchtet wurde. Wir hatten aber Glück und konnten mit unseren Koffern die Kontrolle ohne Einfuhrgebühren passieren.

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Stimmung am Bahia de los Lobos (Bild: Edy und Brigitte Odermatt)

Wiedersehen mit Amigo

Jorge, Chef vom Camping Bahia Los Lobos, holte uns am Flughafen ab und staunte, was wir alles in seinem PW unterbrachten. Auf der Rückfahrt nahmen wir Amigo vom Tierheim mit. Er wich keinen Schritt von unserer Seite, um beim Abgang dann sicher dabei zu sein. Es geht ihm gut. Er hat wieder eine schlankere Figur und ist mit seinen Hundekollegen einiges duldsamer. In der alarmgesicherten Garage fanden wir Robusto unversehrt mit geladenen Batterien vor. Erster Start ohne Husten und schon waren wir auf dem Campingplatz draussen und wieder “daheim”.
Ein schönes Gefühl, alle drei beisammen und mit dem Zuhause unterwegs zu sein!
Herrlich, wieder unterwegs zu sein.

Umgewöhnen

Schon auf der Rückfahrt vom Flughafen nach Lobos zeigte sich die Welt wieder etwas anders, eben argentinisch. Auf der Autobahn zeigte der Tacho problemlos 160km/h und auf der Landstrasse wurden wir mit 120km noch locker überholt.
Als Fussgänger hier unterwegs zu sein, heisst Null Rechte zu haben. Nach Zürcher Gesetzen hätten hier bei einem Fussgängerstreifen von 10 Fahrern 10 den Ausweis weg. Kein Automobilist kümmert sich um die wartenden Fussgänger.
Dafür grüsst fast jeder mit einem netten “Guten Tag” und “Wie geht es?” Bei einem Einkauf heisst es nicht nur bezahlen, sondern man wird nach dem woher… wohin… usw. gefragt und mit einem sympathischen Tschau bis zum nächsten Mal verabschiedet.
Hier haben die Menschen Zeit füreinander und sind an ihren Mitmenschen interessiert. Ein mehrheitlich angenehmes Umgewöhnen!

Strassenblockaden

Etwas schwieriger war es, sich an die Blockaden zu gewöhnen. Auf unserer 1300km langen Fahrt von Buenos Aires nach Asuncion, Paraguay hatten wir so unsere Unterbrechungen. Schon bei Santa Fe wurden wir wegen einer Autobahnblockade von der Polizei umgeleitet. Die zweite Blockade konnten wir umfahren, die Dritte hielt uns eine Viertelstunde auf und an der vierten fuhren wir winkend vorbei. Die erstaunten Blockadenhalter zögerten. Dies reichte, und wir waren durch.
Wir hatten eine sehr ruhige Ãœbernachtung auf einer Tankstelle und wunderten uns, dass wir ohne Chauffeur-Kollegen auf dem Platz standen.
Am nächsten Morgen zeigte sich schon nach wenigen Kilometern, wo die anderen LKW’s gestanden hatten. Seit 18 Stunden wurden diese auf der Ruta 11 aufgehalten. Wir fuhren an den Wartenden vorbei. Unsere Diskussion mit den vielen Zuständigen, wir seien Touristen, hätten mit den politischen Problemen nichts zu tun, sondern würden nur das Land geniessen und unser Geld ausgeben, fruchtete anfänglich wenig. Unser Versuch, trotzdem vorzufahren, endete mit einem riesigen Stachelschwein aus Metall vor unseren Reifen - keine Chance. Nach einer 30-minütigen Verschnaufpause beider Seiten wurde uns vorgeschlagen, einige Kilometer zurückzufahren. Wir würden dann durch eine Umfahrungsroute geführt. Wichtig sei aber, dass die vielen wartenden Camionfahrer dies nicht merkten, sonst sei Feuer im Dach. Gleich zwei Pickup’s mit Verantwortlichen, welche sich überschwänglich entschuldigten, zeigten uns dann den Weg.

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Blockade - Nichts geht mehr. (Bild: Edy und Brigitte Odermatt)

Aber schon nach 60 Kilometern die nächste stehende LKW-Kolonne. Alle Umfahrungsversuche waren vergeblich, wir kamen immer wieder auf Strecken, die gesperrt waren. Dann aber mitten durch das Dorf, wo wegen LKW Fahrverboten und engen Strassen keiner fuhr und wir waren durch.
Und doch zu früh gefreut - kurz nach Vera die nächste Blockade, die seit acht Stunden alles und jeden aufhielt. Wir fuhren wieder zurück nach Vera, erledigten Einkäufe und kämpften mit dem langsamen Internet.
Abends reihten wir uns bei den wartenden Chauffeuren zum Übernachten in die Warteschlange. Ein Diskutieren mit den betrunkenen, teils bewaffneten Blockierenden wäre sinnlos, ja sogar gefährlich gewesen.
Wann geht es weiter?

Anderntags, so gegen 11 Uhr, kam Unruhe auf und die Fahrzeuge wurden gestartet. Eine halbe Stunde vorher kamen noch zwei Schlitzohren vom Blockaden-Vorstand zu uns und sagten, wenn wir für die Landleute 200 Dollar spendeten, liessen sie uns durch. Die Blockade dauere sicher noch bis abends. Unsere Antwort war ein Nein, wir seien Touristen und kein Blockaden-Finanzierungsinstitut.

Wir werden Streikbrecher

Bei der nächsten Blockade kamen wir in einer langen Kolonne auf einem Damm zum Stehen. Etwa 60 Chauffeure gingen mit den Blockierenden verhandeln. Als wir hörten, dass die Weiterfahrt frühestens in 12 Stunden erfolge, wurden wir unsolidarisch und verabschiedeten uns. Wir fuhren die Dammwand hinunter und mit Allradantrieb und Vollgas übers feuchte Land an unseren neuen Kollegen, den applaudierenden Chauffeuren und an den verdutzten Blockadeleuten vorbei. Keiner verfolgte uns und wir hatten weitere 70km freie Fahrt.
Wieder Stopp! Ein hilfsbereiter Gemeindearbeiter mit seinem klapprigen Geländewagen zeigte uns eine Alternativroute und fuhr voraus.
Nach dem Provinzwechsel von Santa Fe nach Chaco waren die Blockaden weg. Hier hatten die Chauffeure aber ein anderes Problem - keinen Diesel! Wie denn auch, alle LKW’s mit Gütern wie Fleisch, Treibstoff etc. wurden ja gestoppt.

Wir wissen zu wenig, um für die Regierung oder die Blockierenden Partei zu ergreifen. Wir konnten es eher von der sportlichen Seite angehen. Für die Wirtschaft des Landes ist es aber eine absolute Katastrophe. Tragisch ist auch, dass sich momentan Kleinbauern vor den Karren der grossen Agrar- und Sojaproduzenten spannen lassen, welche sie dann nachher wieder von ihrem Land vertreiben werden.

Uns hat ein interessanter, argentinischer Tierarzt gesagt: Argentinien wäre so schön, wenn die Argentinier nicht wären. Für uns eine etwas sehr harte Aussage…

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Weiterführende Links
Robusto
Provinz Santa Fe   
Provinz Chaco

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1 Kommentar

Kommentare

  1. Catherine Beuret

    19.01.2009 8:00

    Ich sah eine tolle Fernsehsendung über Argentinien und dessen Traumlandschaften. Wenn ich jedoch Ihre Erfahrungen lese, glaube ich nicht, dass ich Argentinien geniessen könnte. Ich bin zuwenig abgeklärt! Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Fahrt / gutes Warten.