(260) Auswandern mit dem Frachtschiff
Nachdem wir das Reisebüro für Frachtschiffreisen entdeckt hatten (siehe Blog vom Montag), stürzten wir und auf die Prospekte. Der Entschluss, mit dem Schiff zu reisen, wurde immer klarer. Und das ist unsere Rechnung für einen Vergleich mit der Frachtschiff-Idee: Kosten für einen Monat im Hotel bei ca. Fr. 120 pro Nacht (der Container ist ja schon weg), Verpflegung, diverse Extras (Auto ebenfalls weg) sowie natürlich die Flugkosten nach Buenos Aires von ca. Fr. 5000 bei nur 20 kg Gepäck pro Person. Alles in allem viel Geld. Auf jeden Fall mehr, als die ca. Fr. 7000 für uns beide bei der Schiffsvariante, inkl. Bett und Vollpension. Und wir sind die einzigen Passagiere. Ruhe total. Ausserdem dürfen wir erst noch 150 kg Gepäck pro Nase an Bord mitnehmen.
Erste Begegnung mit der “Monte Sarmiento”
Ein Freund bringt uns zum Hauptbahnhof nach Zürich. Wir müssen vier Tage vor dem Auslaufen in Hamburg sein, da ein Frachtschiff keinen festen Fahrplan hat. Am 22. März erreicht uns im Hotel ein Fax von der “Hamburg Süd“, die „Monte Sarmiento” sei gestern im Hafen eingelaufen und der Kapitän erwarte uns am 24. März 2008 ca. 17 Uhr an Bord. Am nächsten Tag machen wir einen Ausflug nach Blankenese und auf der Rückfahrt sehen wir das Schiff zum ersten mal im Hafen liegen. Es ist 350 m lang, 50 m breit, und 8 Stockwerke hoch sowie nochmals 8 Stockwerke tief. Es ist beladen mit gewöhnlichen aber auch mit vielen Kühlcontainern.
Vor dem beeindruckenden Containerschiff (Bild: Ueli Bugmann)
Am nächsten Tag fahren wir mit unserem gesamten Gerümpel zum Containerhafen: vier Koffer, sechs Rollis und ein Haufen Taschen. An Bord werden wir freundlich empfangen, und der Mannschaft ist die Freude anzumerken, dass die Gäste nicht nur Spanisch verstehen, sondern dass man sich mit ihnen auf der langen Fahrt auf Deutsch unterhalten kann. Wir beziehen unsere Kabine. Sie verfügt über zwei Betten, WC und Dusche, Aufenthaltsraum, Schreibtisch, TV, Video, Stereoanlage, Sessel und einen kleinen Kühlschrank. Alles ist fest angebunden, was wir später sehr zu schätzen wissen.
Als VIP unterwegs
Beim ersten gemeinsamen Nachtessen lernen wir die oberste Mannschaft näher kennen. Wir werden wie Ehrengäste behandelt: Der Kapitän sitzt neben neben meiner Frau, ich neben dem ersten Offizier. Hinzu kommen der zweite Offizier, der Elektriker sowie Ingenieure und - pardon wenn ich jemanden vergessen habe - der Rest der Mannschaft, alles Filipinos. Sie essen in einem eigenen Speisesaal. Die ganze Mannschaft besteht aus 20 Personen - und wir zwei als Passagiere.
Ade, winterliches Europa
Am nächsten Morgen werden wir um etwa vier Uhr vom Vibrieren der Motoren geweckt. Ein Blick aus dem Bullauge und wir sehen, wie sich das Schiff bei dichtem Schneetreiben von der Anlegestelle löst und in der Mitte der Elbe Kurs Richtung Nordsee nimmt. Die Nordsee empfängt uns mit Sturmstärke 6 bis 9 und dichtem Schneefall. Eine eigene Erfahrung ist es, sich auf einem rollenden Schiff, das die Wellen bricht, zu bewegen. Auf der Kommandobrücke sind wir in diesem Moment nicht erwünscht: zu viel Verkehr und schlechte Sicht. Erst in Antwerpen beruhigt sich alles wieder. Ãœber Nacht wird das Schiff entladen und beladen, dann geht’s weiter nach Le Havre.
Etwas bewegte See aber viel ruhiger. Sehr zu Freude des Kapitäns streikt das Hafenpersonal. Wir nutzten die Zeit und besuchen die Stadt. Am nächsten Tag fahren wir mit dem Zug nach Rouen, einer mittelalterlichen Stadt, und geniessen noch einmal die französische Küche.
Hier kocht auch mal der Gast
Am nächsten Morgen grosse Ausfahrt mit Kurs Santos/Brasilien. Wir streifen die Kanarischen Inseln und die Kap Verden. Es ist sehr heiss, dafür ist das Meer ruhig und wir haben eine ruhige Fahrt.
So fühlt es sich als Kapitän an (Bild: Ueli Bugmann)
Die meiste Zeit verbringen wir auf der Kommandobrücke, sehr spannend wie so ein Schiff gesteuert wird. Die Mannschaft betreut uns sagenhaft und erklärt alles, was wir wissen möchten. Miriam kocht an unserem 14. Hochzeitstag mit dem Chefkoch „Empanadas“. Die ganze Mannschaft ist begeistert und freut sich riesig.
Ueli, Miriam und der Chefkoch kochen Empanadas
(Bild: Ueli Bugmann)
Der Kapitän ist gefordert
Am 12. April fahren wir morgens vor Montevideo in den Kanal im Rio de la Plata ein, der uns nach Buenos Aires bringt. Viel Verkehr, der Lotse kommt an Bord und freut sich, mit jemandem Spanisch sprechen zu können. Alle Schiffe müssen uns ausweichen, manchmal mit haarsträubenden Manövern. Wir haben den Kapitän auf der ganzen Reise nie so aufgeregt und schwitzend gesehen. Endlich, ca. 18 Uhr, laufen wir in Buenos Aires ein.
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Weiterführende Links
FrachtschiffreisenÂ
Blog vom Montag
Hamburg Süd
Empanadas
Montevideo