(116) Wer den Cent nicht ehrt…
Heute plaudere ich etwas über Geld. Nehmen wir an, ich lasse in der Schweiz einen Handwerker kommen. Der kommt, macht seine Arbeit und geht wieder. Ein paar Tage später flattert mir die Rechnung mit einem Einzahlungsschein ins Haus. Spätestens nach 30 Tagen zahle ich den Betrag ein.
Handwerk - immer schön flüssig bleiben
Hier telefoniere ich einem Handwerker. Er verspricht sein Erscheinen. Oft warten wir aber vergeblich. Manchmal telefoniert er, meistens nicht. Ich muss ihn wieder anrufen.
Dann kommt er irgend einmal. Ich verlange einen Kostenvoranschlag.
Geht die Arbeit über einige Tage und erfordert Material, das er einkaufen muss, wird er eine Anzahlung verlangen. Spätestens am Ende der Woche wird er eine Teilzahlung verlangen. Ich kann ihm dafür einen Check geben, das ist hier das gängige Zahlungsmittel, oder ihm Bargeld anbieten. Tue ich letzteres, so wird er mir einen Rabatt geben. Die Abrechnung mit der MWST ist sein Problem. Ist die Arbeit beendet, will er sofort die Restzahlung. Er kann keinen Kredit geben.
Grössere Firmen bringen eine Rechnung am Ende der geleisteten Arbeit, welche die MWST enthält, wollen aber in aller Regel ebenso sofort mit einem Check bezahlt werden.
Hall of Shame
Vielerorts in den Geschäften hängt an der Wand eine “Hall of Shame”, wo “geplatzte” Checks angeklebt sind. Ungedeckte Checks auszustellen ist hier kein Verbrechen. Wenn der Gläubiger sein Geld dann doch noch erhält, wird er $20.- verrechnen.
Bei den Steuern herrscht aber eine wesentlich strengere Politik. Wer Steuern hinterzieht, macht sich strafbar. Neben der saftigen Busse, droht Gefängnis. Den feinen Unterschied zwischen Steuerhinterziehung und -betrug wie in der Schweiz macht man hier nicht. Und Steuern zu hinterziehen ist in einem Land, wo es absolut kein Bankgeheimnis gibt, nicht leicht. Wer einen Check einlöst, kann dies nur tun, wenn er ein Bankkonto hat. Der Check wird zwar sofort eingelöst, aber über das Konto abgebucht.
Fremdwort Bankgeheimnis
Nicht nur die Steuerbehörde hat jederzeit Zugriff zu jedem Bankkonto. Auch jeder Firma, die ein Interesse an der Zahlungsfähigkeit eines Kunden anmeldet, wird Auskunft erteilt. Nur Bargeld auf die Hand kann versteckt werden. Und eine Firma, die von der Steuerbehörde unter die Lupe genommen wird, erlebt eine schwere Zeit.
Wir haben früher immer gespottet, dass die Post selbsverständlich defizitär sein müsse, wenn sie die Briefmarken zum Frankaturbetrag, also ohne Gewinn, verkauft. Und bei den alten “SMS”, ich spreche von der “Postkarte”, war in den 10 Rappen nicht nur das Porto, sondern auch die Karte eingeschlossen. In Kanada macht man diesen Fehler nicht! Auf allen Postwertzeichen wird die volle MWSt erhoben. Voilà !
Schluss mit 1 Cent-Marken
Die Inlandmarke wird alle Jahre um einen Cent teurer. Es müssen also jedes Jahr die alten Bestände vernichtet und den Kunden, welche Marken vom Vorjahr hatten, eine 1 Cent-Marke verkauft werden. Die 1 Cent-Marke kostet aber beim Druck ein Vielfaches des Wertes. Man fand nun die geniale Lösung: Die Inlandmarke trägt keine Wertbezeichnung mehr. Man kann also “alte” Marken weiterhin verwenden. Die Fachleute haben ausgerechnet, dass die Rechung aufgeht. Wer sich einen grösseren Stock anschafft, zahlt ja, wegen der Inflation mehr, die Post kriegt Geld ohne Leistung. Und wenn es sich erwiese, dass zu viele “Schläulinge” mogeln, werden der Bildaufdruck der Marke geändert und die “alten” als ungültig erklärt. Mit dem Wegfall der Centmarke wäre auch die Gelegenheit gegeben, die Centmünze aus dem Verkehr zu ziehen; man tut sich damit aber schwer. Und so lange die Cousins in den USA den Schritt nicht machen, wird wohl diese lästige Münze weiter im Umlauf bleiben.